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Welt am Sonntag Drucken Bewerten Autor: Rudolf Stumberger| 30.01.2011

Sprachkurse für Einheimische

Wie ein pensionierter Grundschullehrer an der Volkshochschule Taufkirchen seinen Schülern das Bairische nahe bringt

Bayern, so viel steht fest, ist beliebt wie kaum ein anderes Bundesland. Ob aus Wanne-Eickel, Königs-Wusterhausen oder Bad Salzdetfurth, man zieht gern in den Freistaat, der guten wirtschaftlichen Lage und nicht zuletzt des hohen Freizeitwerts wegen. Doch ein Manko gibt es: Auch nach wiederholtem Kontakt mit den Einheimischen bleiben dem Zugezogenen gewisse Nuancen des sprachlichen Umgangs ein Rätsel. Abhilfe versucht hier nun ein Kurs der Volkshochschule Taufkirchen bei München zu schaffen. Er trägt den Titel "Bayerische Sprache näher betrachtet".

Ein nüchterner Seminarraum im zweiten Stock des Gebäudes der Volkshochschule. Selbstverständlich beginnt Kursleiter Günter Fink die Veranstaltung mit einem bairisch eingefärbten "Grüß Gott". Fink ist pensionierter Grundschullehrer und kein Sprachwissenschaftler, sondern "Dialekt-User", wie er sich vorstellt. Geboren in Niederbayern, verbrachte er als Lehrer 35 Jahre in München, "was dem Dialekt nicht unbedingt gut getan hat". Den Rückgang der bayerischen Sprache verdeutlicht er so: "In den 70er-Jahren war in meiner Klasse im Münchner Vorort Feldmoching gerade ein 'Preuße'. 20 Jahre später gab es dann in meiner Klasse - jetzt im Stadtviertel Mittersendling - nur noch einen 'Parade-Bayern', der musste dann die Weihnachtsgedichte aufsagen."

Vielleicht ist das auch der Grund, warum zehn der zwölf Kursteilnehmer waschechte Bayern sind, mancher sogar stilecht mit Lederhose angetan. "Ich mag unser Bayerisch und will das auch meinem Sohn vermitteln", sagt zum Beispiel ein Kursteilnehmer aus Unterhaching. Und berichtet von traumatischen Erlebnissen in München, als eine Bedienung im Wirtshaus auf seine in bayerisch gehaltene Bestellung auf Englisch geantwortet habe. Eine andere Teilnehmerin outet sich als militante Münchnerin, die ihren Großstadt-Dialekt weit über alle anderen Spielarten des Bayerischen stellt. Für Hildegard, die einst aus dem Saarland an die Isar zog, bleibt da zunächst nur die Außenseiterposition. Hamez wiederum stammt aus Tunesien und seine Frau hat ihm den Bayrisch-Kurs zu Weihnachten geschenkt.

Und jetzt ist Kursleiter Fink im Spiel. An die Wand projiziert er einen Sprachatlas von Bayern und die Kursteilnehmer lernen, dass das hochdeutsche Wort "Mädchen" auf Oberbayrisch eben "Diandl", auf Niederbayerisch "Deandl", auf Schwäbisch "Maala", auf Fränkisch "Moidle" und irgendwo ganz weit hinter Passau auch "das Mensch" genannt wird.

Und jetzt ist auch schon Zeit, sich den Weißwürsten zu widmen, die um Mittag herum integraler Bestandteil des Bayrisch-Seminars sind. Das geht aber nicht, ohne dass die Teilnehmer Kenntnis vom Weißwurst-Lied erhalten: "Du Königin im Wurstrevier, du schön gekurvte Tellerzier, lass dir den weißen Hermelin, von deinen zarten Schultern ziehn."

Mit Brezen und Brät gestärkt geht es wieder zurück zu den Feinheiten der bayerischen Dialekte. Etwa dass im Bayerischen das postvokalische "L" vokalisiert wird, weshalb aus "Stolz" der "Schdoiz" wird. Ein kleiner Exkurs widmet sich den französischstämmigen Begriffen im Bayerischen, etwa dem "Plafon" für die Zimmerdecke, dem "Canapee" für die Liege oder dem "Plümont" für den Bettbezug. Auch ein kleiner Sprachtest ist im Programm. Was, bitte schön, versteht man unter einem "Hennasprenger"? Einer "Auszognen"? Einem "Kniaschnaggler"? Ersteres ist ein lärmendes kleines Moped, Zweiteres ein leckeres Schmalzgebäck und das Dritte ist ein Zustand der Erschöpfung, wenn einem die Knie zittern.

Das alles ist gut dokumentiert und auch für Nicht-Eingeborene nachvollziehbar, seit der Sprachwissenschaftler und Bibliothekar Johann Andreas Schmeller (1785-1852) im 19. Jahrhundert die bayerische Mundart erforschte. Schmeller begann 1816 mit der Arbeit an seinem "Bayerischen Wörterbuch", dessen erste beiden Teile 1827, der dritte und vierte erst 1837 erschienen. Es ist bis heute ein Standardwerk geblieben. Um eine moderne Fortschreibung kümmert sich seit 1912 die bayerische Akademie der Wissenschaften.

Das Arbeitsgebiet der Sprachforscher erstreckt sich dabei auf Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz sowie auf benachbarte Randbereiche Bayerisch-Schwabens, Mittel- und Oberfrankens. Die Redaktionsleitung der "Kommission für Mundartforschung" hat interessanterweise ein gebürtiger Engländer inne: Professor Anthony Rowley. Wer sich einen Eindruck von den bayerischen Dialekten verschaffen will, kann das im Internet über den "Sprechenden Sprachatlas von Bayern" tun.

Das Sprach-Seminar an der Volkshochschule Taufkirchen neigt sich mittlerweile seinem Ende zu. Die militante Münchnerin runzelt nur leicht die Stirn, als Kursleiter Fink zum Abschluss noch Oskar Maria Graf zitiert. "Das Bayerische hat einen sehr schönen Klang, nur die Aussprache ist schwer", zieht Tunesier Hazem Bilanz. "Do dada da a stinga" etwa heißt frei übersetzt: "Da würdest du dich auch ärgern."

Der nächste Sprachkurs an der Volkshochschule Taufkirchen mit Günter Fink findet am 13. Mai statt. Infos unter www.vhs-taufkirchen.de

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