Ein schützenswertes Gut verschwindet langsam

Landsberg (wu) - Er ist ein schützenswertes Gut: der Dialekt. Doch die Sprache der Menschen ist ständigen Veränderungen ausgesetzt. Regionale Dialekte sind auf dem Rückzug, was auch in den Dörfern beiderseits des Lechs zu beobachten ist. Den Lechrainer Dialekt spricht heute fast niemand mehr, wie der Sprachwissenschaftler Dr. Manfred Renn bei einem Vortrag im Foyer des Stadttheaters sagte, zu dem der Verein „Lebensraum Lechtal“ eingeladen hatte.

Vor gut 20 Jahren hat Manfred Renn in mehreren Orten des Landkreises ältere Einheimische befragt. Eine Woche lang wurden ihm knapp 2300 Fragen beantwortet. Dies war die Grundlage für die Erhebung des „Basisdialekts“. Die Ergebnisse flossen in einen Sprachatlas, der die regionalen Unterschiede aufzeigt. Zuletzt veröffentlichte Renn zusammen mit seinem Kollegen Werner König den Kleinen Sprachatlas von Bayerisch-Schwaben.

Heute ist dieser Basisdialekt kaum mehr zu hören. „Die meisten sprechen etwas zwischen dem Grunddialekt und der Hochsprache“, sagt Manfred Renn. Er nennt diese Mischung die Umgangssprache. Diese Sprache werde stark aus München beeinflusst, weil sich die Bewohner des Landkreises wirtschaftlich und emotional in diese Richtung bewegen. So gebe es auch zwischen Lech und Ammersee immer mehr innerbairische Sprachmerkmale. So hat sich laut Renn das Wort „sagt“ beispielsweise von „seet“ zu „g’sagt“ verändert.

Wie unterschiedlich im Landkreis noch gesprochen wird, machte eine Lesung von vier Erzählern aus unterschiedlichen Dörfern deutlich. Roswitha Deggendorfer aus Egling las aus dem Buch „Die Knöpflesnacht“ und Maria Schweiger aus Epfach das Gedicht „Mit zum Stammtisch“. Der Ammerseefischer Simon Rauch berichtete von einem Erlebnis am Oktoberfest und Nik Bürgle aus Hurlach gab ein selbst verfasstes Gedicht zum Besten.

Der Lech ist nicht immer eine sprachliche Grenze

Wie Manfred Renn aufzeigte, gibt es im Landkreis Landsberg mehrere Sprachgebiete. Dabei sei der Lech nicht immer die Grenze. So werde das Bairische in Dießen, direkt am See am ehesten gesprochen. Wer den Fischer Simon Rauch gehört hat, wird dies bestätigen können. Doch schon in Dettenschwang beginnt das Lechrainische. Ein Stück Allgäu sei in Denklingen zu finden, stellenweise auch im angrenzenden Fuchstal. Deutlich hörbar sei dies an der Endung bei Wörtern wie „Pfarra“ oder „Lehra“.

Doch diese regionalen Dialekte werden wohl bald nicht mehr zu hören sein. Die Sprache ändert sich heute schneller als früher. Manfred Renn nennt die Schulbildung, die Medien, die Mobilität der Menschen und den Zuzug als Gründe. „Das Verschwinden des Lechrainischen ist kaum mehr aufzuhalten“, sagt der Sprachwissenschaftler. Und damit gehe auch ein Stück regionale Identität verloren.