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Datum und Zeit: 14.10.2008 - 07:43


13.10.2008    11:03 Uhr Drucken  |  Versenden  |  Kontakt
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Sprachtrainer von "Dahoam is Dahoam"

"Käferzelt-Chinesisch"

Dialekt-Coach Bernhard Stör will Schauspielerinnen aus der Soap "Dahoam is Dahom" die bairische Mundart lehren - ziemlich erfolglos, wie er einräumt.
Interview: Ines Alwardt

Gamsbart, ddp
Das Bairische hat ein völlig anderes Lautsystem als Hochdeutsch und die anderen deutschen Dialekte.
Foto: ddp
 

SZ: Herr Stör, was für einen Dialekt sprechen die Bewohner des fiktiven Dorfes Lansing in der Serie eigentlich?

Stör: Lansingerisch natürlich.

SZ: Und das wäre?

Stör: Eigentlich soll es Münchnerisch sein. Und das wäre es auch, wenn es richtig artikuliert werden würde: Aber beinahe in jedem zweiten Satz der Serie ist der Wurm drin!

SZ: Zum Beispiel?

Stör: In Folge 116 sagt Theresa Brunner "Wo steckt 'n die Sassi?" Das ist fehlerhaft. Die volle Aussprache des weiblichen Artikels ist im Bairischen tödlich. Richtig müsste es heißen: "Wo is 'n d' Sassi?" Die Verwendung von stecken ist aus Münchner Sicht zu tolerieren, auch wenn es ein Import aus dem Hochdeutschen ist - der zumindest in städtischer Mundart üblich ist.

SZ: Sind Sie im Bairisch-Unterricht mit Heidrun Gärtner und Pippi Söllner auch so streng?

Stör: Ja, das war ich. Aber Frau Söllner hat schon gleich nach den ersten Stunden resigniert. Die Artikulation des hinteren, westbairischen a in Wörtern wie Wassa oder Katz' hat bei ihr regelmäßig einen Brechreiz verursacht. Bei Heidrun Gärtner, die ja aus Baden-Württemberg kommt, ist es genauso. Die Fehler in der Aussprache hört man immer noch deutlich raus: Sie differenziert nicht zwischen dem westbairischen, hinteren a und dem standarddeutschen "Normal-a".

SZ: Tut Ihnen das nicht in den Ohren weh?

Stör: Ich schaue mir die Serie ja nicht an. Für mich ist das Käferzelt-Chinesisch. Ich musste mir aber für meine Arbeit mit den Schauspielern vier Folgen ansehen - und ich habe kein Schmerzensgeld dafür verlangt.

SZ: Hatten Sie bei anderen Schauspielern mehr Erfolg?

Stör: Die Aussprache von Doreen Dietl alias Trixi ist vollkommen unheilbar. Sie kommt aus Sachsen und hat artikulatorisch einfach zu große Abweichungen vom Bairischen. Immerhin spielt sie eine Zugezogene. Die größten Fortschritte hat Teresa Rizos gemacht - die hat aber eine bairischsprachige Mutter.



Bernhard Stör ist Lehrbeauftragter für Dialektologie an der LMU München und arbeitet als Dialekt-Coach für die Schauspieler aus der bayerischen Daily Soap "Dahoam is Dahoam".
Foto: Reger
 

SZ: Warum ist es denn so schwer, vernünftig Bairisch zu lernen?

Stör: Das Bairische hat ein völlig anderes Lautsystem als Hochdeutsch und die anderen deutschen Dialekte. Vor allem die Norddeutschen und die Schwaben sind quasi artikulatorische Sprachkrüppel - sie können nur einen mittleren a-Laut aussprechen.

Im Bairischen machen vor allem die Gegensätzlichkeit und die Verteilung der a-, o- und e-Laute Schwierigkeiten. Die Schauspieler, die ich betreut habe, hatten aber auch Probleme, den für das Bairische charakteristischen Diphthong oa richtig auszusprechen, wie zum Beispiel in Dahoam is Dahoam.

SZ: Gestatten Sie einen Versuch? Also, Dahoam is Dahoam.

Stör: Man erkennt sofort, dass Sie auf keinen Fall aus Altbayern stammen können.

SZ: Stimmt. Aus Kiel.

Stör: Das o war zu geschlossen und zu lang. Und das a haben Sie viel zu deutlich ausgesprochen.

SZ: Keine Chance, in die Serie zu kommen?

Stör: Erstmal müssen Sie zu mir in die Bairisch-Schulung gehen, Vokabeln pauken und mir das Drehbuch nachsprechen. Dann sehen wir weiter.

Bernhard Stör, Lehrbeauftragter für Dialektologie an der LMU München, ist der Dialekt-Coach der Schauspieler aus der ersten bayerischen Daily Soap "Dahoam is Dahoam". Er trainierte Hauptdarstellerin Heidrun Gärtner sowie Pippi Söllner, Doreen Dietl und Teresa Rizos in der bairischen Mundart. Ziemlich erfolglos, wie er einräumt.


(SZ vom 13.10.2008)

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