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vom 10.08.2007 - Seite los
Sprachlich

verwurzelt

"In meinem ersten Lebensjahrzehnt gab es noch kein Radio, kein Kino, kein Fernsehen. Am 4. Juli 1929, genau mit dreizehn Jahren, fuhr ich zum ersten Mal in einem Auto."

Von Walter Höfer

Erinnerungen wie diese prägen Gottfried Glechners Rückblende auf seine Kindheit im Buch "Geht scho wieder aufwärts". Es ist eines von vielen Werken, die uns der Innviertler Dichter, Sprachforscher, Pädagoge, Volksbildner und Heimatpfleger hinterlassen hat. Der beste Rezitator seiner Texte, vor allem der Mundart-Lyrik, war er selbst. Zahlreiche Tondokumente seiner Vorträge sind auf LP und CD erhalten.

Es gibt ein Bild von den Glechner-Kindern, die wie die Orgelpfeifen posieren. Gottfried nimmt den vorletzten Platz in der Reihe ein, war also das achte von neun Kindern einer Bauernfamilie aus Freiling in der Gemeinde Gurten im Innkreis. Auf dem kleinen Bild auf dieser Seite steht er neben seinem jüngsten Bruder Seppl.

"Es gab auch noch keine Unterhaltungsindustrie. Und trotzdem genauso viel Freude wie in unserer Zeit. Wir warteten nicht darauf, von oben berieselt zu werden. Wir machten uns unsere Freude selber", liest man in den Erinnerungen weiter. Und stößt bei der Lektüre auf erste dichterische Versuche des Buben:

"Mit zwölf Jahren habe ich mein erstes Theaterstück geschrieben. Es war ein Plagiat, ein geistiger Diebstahl: Ich hate eine Kalendergeschichte umgeformt. Damit befand ich mich durchaus in vornehmer Gesellschaft: Auch Shakespeare hat seine Tragödien aus vorhandenen Vorlagen zurechtgemacht, und aus dem Lebensschicksal von Orest und Iphigenie werden heute noch immer Tragödien herausgepresst."

Erst 1979 aber brachte Gottfried Glechner "rein zufällig" als 62-Jähriger mit "Unser Dorf" bäuerliche Geschichten in einem faszinierend echten Innviertler Dialekt auf den Büchermarkt. Er sollte diesen mit weiteren bemerkenswerten Werken in Mundart und Hochsprache beleben.

Glechners Ausbildungsjahre waren markiert von: Mittelschule am Petrinum Linz, 1936 Matura, drei Jahre Theologiestudium, sechs Jahre Soldat, 1945 bis 1949 Hochschul-Studium an der Universität Innsbruck (Latein, Deutsch), Abschluss mit Lehramtsprüfung und Doktorat.

Seine Lehrtätigkeit führte den Germanisten an die Gymnasien von Kremsmünster, Ried und Braunau. In der Stadt am Inn Iieß er sich 1960 nieder und begründete eine Familie, der fünf Kinder entsprossen, die heute vorbildliche Erbwalter seines umfangreichen Werkes sind. Eines Kompendiums, das vor allem für die Auflagenzahl von Dialektdichtungen völlig neue Maßstäbe setzte.

Oberösterreichs Literatur-Historiker Prof. Adalbert Schmidt bewunderte an Glechner unter anderem dessen Gabe, klassische Formen wie den Hexameter mit der Mundartdichtung vereint zu haben. Die Verserzählung "Der bairische Odysseus" ist ein Paradebeispiel für diesen erfolgreichen Weg. Fasziniert ist Schmidt auch vom Sprachforscher Glechner, der sich in einem launigen Gedicht "Sprachwurzln ziagn" sieht, sowie von einem Mann, "der die Weltordung des dörflichen Daseins von Kindheit an erfahren hat".

Gottfried Glechner, unter anderem (Ehren-)Präsident des Innviertler Kulturkreises, Mitglied des Stelzhamerbundes und Gildenmeister der Innviertler Künstlergilde, war auch Konsulent für Volksbildung und Heimatpflege. Dank Ideenbringern vom Schlage eines Glechner bleibt dieser wichtige Bereich ständig in Bewegung.

Gottfried Glechner

Schriftsteller, Pädagoge

(1916 bis 2004)

Im Heimatort Freiling (Geburtshaus) stehen an den Ortseinfahrten zwei Gedenksteine. In Gurten ist der Gottfried-Glechner-Weg nach dem Dichter benannt.

Alle Informationen zu Leben und Werk Glechners (Bezugsquellen für Bücher und Tonträger) im Internet.

Mir geht's net gar a so ums Dichtn, mei Freind, mir geht's ums Sagn!


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