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Bayern-Nachrichten

30.06.2007 00:04 Uhr
Bairische Laute im sonnigen Süden
München - Südtirol ist nicht die einzige Gegend Italiens, in der sich der Bayer sprachlich sofort zu Hause fühlt. Auch weiter südlich wird in einigen Dörfern ein Dialekt gesprochen, der auf das Mittelhochbairische zurückgeht.
 



Im Vergleich mit Leo Toller klingt selbst ein Oberpfälzer wie ein Norddeutscher. „An pauer is gongen anaus en velt pet en sai‘ su‘ za schaung benn der boaz raif ist”, zitiert er den Anfang eines Gedichts, das auf Hochdeutsch mit den Worten beginnt: „Einmal ging ein Bauer mit seinem Sohn ins Feld, um nachzusehen, ob der Weizen reif war.” Toller spricht die Mundart des Fersentals, die sich aus dem Mittelhochbairischen entwickelt hat - dem Bairisch des Mittelalters. Auf Einladung des Bayerischen Zimbernkuratoriums berichteten er und Luigi Nicolussi, ebenfalls Bewohner einer urbairischen Sprachinsel in der oberitalienischen Provinz Trient, über Alltag und Probleme als Minderheit.

Das Hauptproblem ist beiden Sprachinseln gemein: Sie werden immer kleiner. Noch beherrschen im Fersental etwa 1000 Menschen den alten Dialekt, doch im Alltag verschwindet er immer mehr. „Die traditionelle Landwirtschaft hat die Sprache am Leben gehalten, weil man im Tal gewohnt und gearbeitet hat. Aber heutzutage müssen viele zum Arbeiten wegpendeln und können tagsüber nicht mehr Fersentalerisch sprechen”, berichtet Toller im Gespräch mit dieser Zeitung. Was dem Sprachwissenschaftler aber vor allem Sorgen bereitet, ist, dass der Dialekt und das Hochdeutsche bei jungen Menschen eine immer kleinere Rolle spielen. Letzteres werde zwar in der Volksschule des Tals gelehrt - aber als Fremd- und nicht als Unterrichtssprache.

Luigi Nicolussi, Bürgermeister der Sprachinsel-Gemeinde Lusern, blickt weit in die Vergangenheit zurück, um das Schrumpfen des ebenfalls aufs Bairische zurückgehende Zimbrisch seiner Region zu erklären. Sprachen im 18. Jahrhundert in der Gegend noch etwa 20 000 Menschen den Dialekt, sind es heute nur noch einige hundert; gerade mal drei Kinder besuchen noch die örtliche Grundschule. Laut Nicolussi unter anderem Folge „wahren Psychoterrors”: So habe zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Pfarrer eines nahen Ortes „den Eltern im Beichtstuhl auferlegt, mit den Kindern nicht mehr diese Sprache der Barbaren zu sprechen”. Hundert Jahre später habe ein anderer Geistlicher den Kindern im Unterricht mit der Hölle gedroht, sollten sie „die hässliche Sprache” gebrauchen.

Mit derartigen Anfeindungen haben die italienischen Bayern nach Auskunft von Toller heutzutage nicht mehr zu kämpfen. Auch Unverständnis für ihr Festhalten an den bairischen Sprachwurzeln bekämen sie nicht zu spüren, berichtet der Sprachforscher, was aber auch daran liegen könne, dass ihre Traditionspflege in Italien weitgehend unbemerkt bleibt. Kaum ein Landsmann scheint sich je in Tollers Heimat zu verirren. „ Im Fersental”, meint er, „sind nur Fersentaler”.



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