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Drucken 11.02.2004

An Kindergärten und Schulen im Landkreis

Bayerische Mundart ist vom Aussterben bedroht

Unter Lehrern und Erziehern ist umstritten, ob der Dialekt Kindern nützt oder von Nachteil für sie ist Von Susi Wimmer

 

Landkreis - So vielfältig die bayerische Sprache ist, so vielfältig sind auch die Meinungen zum Gebrauch an Schulen und Kindergärten dazu: Während die einen Dialekt sprechen wie „sprachlich barfuß gehen“ empfinden, wird er von anderen als Hemmschuh bezeichnet. Kultusministerin Monika Hohlmeier jedenfalls hält die Lehrer dazu an, „Pflege und Erhalt“ des Bayerischen zu berücksichtigen.


„Du böser Junge, Du.“ Wenn diese Worte Hans Dondl über die Lippen kommen, dann ist das für ihn „wie auf Stelzen zu gehen“. „Geh amoi her da“, schallt es bei ihm über den Pausenhof der Grundschule in Schäftlarn, wenn es was zu regeln gibt. „Bei uns sprechen relativ viele Kinder Dialekt“, sagt Dondl. Dass Kinder, „die boarisch redn“, schlechter in Deutsch seien, kann Dondl nicht bestätigen. Er unterrichtet halt in „süddeutsch eingefärbtem Hochdeutsch“, achtet beispielsweise darauf, die Endungen „g’scheit“ auszusprechen, und vermeidet Ausdrücke wie „nee“. Lob und Tadel verteilt Dondl auf Bayerisch, denn im Dialekt erreiche er „auf der emotionalen Ebene viel mehr“.


Auch kringelt er im Schriftlichen Ausdrücke wie „Wasser pritscheln“ nicht an und lässt auch den Dativ durchgehen, wenn ein Schüler schreibt „der Hut von meinem Vater“. „Ein Oskar Maria Graf oder ein Ludwig Thoma hat ja auch so geschrieben“, sagt Dondl.


Von so viel Bodenständigkeit kann Rektorin Gertrud Weidmann nur träumen. An der Grundschule in Unterhaching spricht kaum noch ein Kind Dialekt. Es gebe zu viele Zugezogene und auch die Nähe zur Stadt München mache sich bemerkbar. Auch im Kollegium sind nur noch „ein oder zwei Kollegen, die hier aufgewachsen sind“. In ihrer 40-jährigen Dienstzeit hat Gertrud Weidmann sehr wohl miterlebt, dass diejenigen, die Dialekt sprechen, schlechter gestellt werden, und dass die Mundart immer mehr ausstirbt, bedauert sie sehr. „Aber wo soll man das noch im Unterricht unterbringen“, fragt sie. Die einzige Nische wäre da die Musikstunde.


So ist es im Kindergarten an der Reisingerstraße in Ismaning: Da gibt es zur Weihnachtszeit das obligatorische Lied im Dialekt, „ansonsten aber wird fast nur hochdeutsch gesprochen“, sagt Leiterin Elke Kennel. Zwar könnten einige Kinder noch Dialekt, aber den legen sie ab, wenn sie in den Kindergarten kommen. Kinder aus ganz Deutschland habe man hier zu betreuen, „da kann man das doch nicht durchziehen“. „Können tun wir schon, aber wollen nicht“, sagt Franz Vogl, stellvertretender Direktor am Carl-Orff-Gymnasium Unterschleißheim. In einer Stadt mit mehr als 100 Nationalitäten sei der Dialekt nicht mehr sehr weit verbreitet, und Vogl glaubt auch, dass die Mundart den Jugendlichen Nachteile bringt: „Wenn einer nur Dialekt spricht, dann muss er erst Deutsch als erste Fremdsprache lernen.“ Er sieht es keineswegs als Aufgabe des Gymnasiums an, den Dialekt zu pflegen: „Demnächst sollen wir wohl noch König-Ludwig-Bilder aufhängen und das Fach Dialekt in der 38. Schulstunde des G 8 unterrichten.“


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