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Sedlaczek am Mittwoch

Warum es dem Feber so schlecht geht

Robert Sedlaczek ist der Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, zum Beispiel: "Das österreichische Deutsch".

Robert Sedlaczek ist der Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, zum Beispiel: "Das österreichische Deutsch".

Die österreichische Form Jänner kann sich gegen Januar gut behaupten. Der Feber kommt indes gegen den Februar nicht an. Einige Überlegungen zur Geschichte der Monatsnamen.

Am Tischkalender der "Wiener Zeitung" steht Jänner für den ersten Monat des Jahres. Aber der zweite Monat heißt dort Februar, nicht Feber. Jänner und Februar steht auch im Buchkalender der Bausparkasse – Peter hat ihn mir freundlicherweise geschenkt, mit dem Nachlassen der Konjunktur scheint auch die Nachfrage nach Kalendern zurückzugehen. Früher musste ich sogar in meiner Hausbank jedes Jahr um einen Kalender kämpfen. Und die 48er, die freundlichen Müllmänner, haben mir schon vor einiger Zeit einen Zettel in den Briefkasten gesteckt: Auf orange bedrucktem Papier steht geschrieben, wann die Biotonne in den Monaten Dezember, Jänner, Februar und März entleert wird.

So ist das also: Die "Wiener Zeitung", die Bausparkasse und die Gemeinde Wien in stiller Eintracht – es heißt zwar Jänner, aber zum Feber will sich niemand bekennen. Warum das so ist, erklärt der Germanistikprofessor Hermann Scheuringer in einem wissenschaftlichen Beitrag.

Jänner ist bereits im späten Mittelalter direkt aus vulgärlateinisch Ienuarius (gesprochen: Jänuarius ) entlehnt worden. Ich wollte es zunächst auch nicht glauben, aber Jänner war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im gesamten deutschen Sprachraum die gängige Form. Nur in der Gelehrtensprache war das klassische lateinische Januarius in Gebrauch. Dieses Wort wurde zunächst auf Januari verkürzt (vgl. englisch January) . Dann ging die lateinische Endung zur Gänze verloren, wodurch der Januar entstanden ist. Wie gesagt: Nur in der Gelehrtensprache!

Wie kam es dazu, dass im Norden des Sprachraums der Januar den Jänner verdrängt hat? Erst an der Wende zum 19. Jahrhundert hat die Gelehrtenform die Oberhand behalten. Der Wechsel von Jänner auf Januar vollzog sich innerhalb weniger Jahrzehnte. Hermann Scheuringer führt dies auf den Niedergang der Hansestaaten zurück. Dadurch verlor auch das Norddeutsche an Bedeutung, gleichzeitig stieg im Norden die Bereitschaft, sprachliche Neuerungen zu akzeptieren.

Der katholische und konservative Süden Deutschlands leistete einige Zeit lang Widerstand, die Bayern ließen sich zunächst den Jänner nicht madig machen. Erst nach der österreichischen Niederlage bei Königgrätz im Jahr 1866 und der anschließenden deutschen Reichsgründung im Jahr 1871 hat sich Bayern dem norddeutschen Januar angeschlossen. Damit war die sprachliche Einheit Deutschlands, was den ersten Monat des Jahres anlangt, wiederhergestellt.

In Österreich hielt man jedoch in einer Art Gegenbewegung am Jänner fest. Das war eine Form der sprachlichen Selbstbehauptung, wenn schon die militärische und die politische nicht gelungen war. So ist der Jänner bis zum heutigen Tag die amtliche Form in Österreich geblieben.

Der zweite Monat des Jahres wird bei uns hingegen selten als Feber bezeichnet. Auch das hat seinen Grund. Der Name ist entlehnt aus lateinisch (mensis) februarius , eigentlich der Reinigungsmonat, weil in der zweiten Monatshälfte die Reinigungs- und Sühneopfer für die Lebenden und die Toten abgehalten wurden. Er war der letzte Monat des altrömischen Kalenders, daher auch die von den anderen Monaten abweichende Dauer. Ein Schaltjahr wirkt sich auf den zweiten Monat des Jahres aus, nicht auf den letzten, was naheliegend wäre.

Nun zur Beantwortung der eingangs gestellten Frage: Feber ist eine Analogiebildung zu Jänner, dem Feber fehlt also die historische Wurzel. Ich muss gestehen: Obwohl mir das österreichische Deutsch ein Anliegen ist – für den Feber kann ich mich nicht erwärmen.

Printausgabe vom Mittwoch, 21. Jänner 2009

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