12.03.2008

Emertsham: Parasoi und Kiachatuam

Mundart-Abend "Boarisch redn, wia oan da Schnabe gwachsn is"

Menschen wie Franz Gaßner sind eine Rarität geworden. Es gibt kaum mehr junge Leute, die die alten bairischen Begriffe wirklich kennen oder gar benutzen. Ob sich die Mundart mit ihren trefflichen Redewendungen erhalten lässt, muss man bezweifeln angesichts der Tatsache, dass ja schon das so genannte Hochdeutsch immer mehr "verdenglischt" und "verhunzt" wird und neuzeitliche Grußworte wie "Hi", "Hallo" oder "Ciao" schöne "Grüß Gott" oder "Pfiat di Gott" verdrängen.

Umso wichtiger, dass mit solchen unterhaltsamen sprachlichen Heimatabenden eine Lanze für das Bairisch gebrochen wird.

Zu Franz Gaßner gesellten sich Nik Mayr aus Petting, der als Fachmann der bairischen Sprache schon etliche Bücher veröffentlicht hat, G'schichtenvorleser Karl Heinz Fürst aus Truchtlaching und Albert Maier, in Emertsham bekannt als der Moier-Austragsbauer aus Ruppling und ebenfalls Verfasser einiger Bücher ist.

Das Quartett begeisterte auf unterschiedlichste Weise, ob mit humorvollen Geschichten, Mundartreime oder Nachdenklichem über die heutige Zeit.

Musikalisch aufgewertet wurde der Abend vom Couplet-Duo "Drent & Herent". Mit "I gibs net her" wurde sogar Heimatvereinsvorstand Christian Rieder in die humorvolle musikalische Unterhaltung der beiden Sängerinnen Helga Thurner aus Braunau und Waltraud Grünwald aus Schroffen einbezogen.

Dass Bairisch keine Mundart sondern eine eigene Sprache ist, darüber sind sich Wissenschaftler einig. Der bairische Sprachraum reicht von der Oberpfalz bis nach Wien, über ganz Österreich hinauf bis Tirol und Südtirol und weiter bis an den Lech. Dabei gibt es drei Sprachvarianten. In der Gegend um die Oberpfalz wird nordbairisch, in unserer Region von den Alpen bis zur Donau mittelbairisch und in Österreich, Tirol und Südtirol, ohne Vorarlberg, südbairisch gesprochen. Innerhalb dieser Varianten.

Eine Untersuchung, im bayerisch-salzburgischen Grenzgebiet, bei der auch Nik Mayr dabei war, hat festgestellt, dass ein gewisser Basisdialekt im gesamten Umkreis von Salzburg, Berchtesgaden und Traunstein gesprochen wird und sich nur verschiedene Laute räumlich eingegrenzt auf verschiedene Orte beschränken.

Ein gutes Beispiel für die Vielfältigkeit ist das Wort Heidelbeere. Bis auf wenige Ausnahmen sagt man bei uns dazu "Aiglbian", im Gebiet vom Mattsee bis zum Salzkammergut "Dseggban" und im südlichen bayerischen und salzburgischen Gebiet heißen sie "Moosbia", vereinzelt sagt man auch in der Gegend um Hallein "Schwoatzbia" dazu.

Franz Gaßner: "Eine Landesgrenze war auch lange Zeit eine Sprachgrenze, weil sich Menschen ,ent und herent' nicht beliebig treffen konnten und so eine Vermischung sprachlicher Gegebenheiten erschwert wurde."

Die Referenten betonten, dass Bairisch eine sehr lebendige Sprache ist. Wörter verändern sich, auch durch den Einfluss ausländischer Begriffe. Aus Kaiser Napoleons Zeiten stammen Wörter wie Trotoar für Gehsteig oder Parasoi für Regenschirm.

Wie unterschiedlich Wörter von Ort zu Ort sein können, verdeutlichten die Vier an einigen Beispielen. So heißt etwa die Gießkanne in Truchtlaching und Oberbuch "Spritzkruag", in Emertsham "Bloichbitschn" und in Petting "Dirnetzer", das Wort Kirchturm in Truchtlaching und Emertsham "Kiachatuam", in Oberbuch "Kiachtuam" und in Petting "Kuiratium".

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