Der folgende Artikel erschien am 12.11.1999 in der Sulzbach-Rosenberger Zeitung.
Wir danken der Redaktion, der Autorin und dem Referenten für die Abdruckgenehmigung.

Das im Artikel erwähnte Buch "Bairisches Deutsch" von unserem Mitglied
Dr. Ludwig Zehetner ist auch in der Literaturliste zu finden.

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Dialekt-Kinder sprachlich besser

Die Mundart als kraftvolle Sprache pflegen
Seminar "Wie schreibt man Mundart"

Sulzbach-Rosenberg. (es) "Bou oder Bua - wie schreibt man in der Mundart?" hieß eine Veranstaltung der Volkshochschule Amberg-Sulzbach. Kreisheimatpflegerin Evi Strehl hatte mit Bezirksheimatpfleger Dr. Franz-Xaver Scheuerer den größten Spezialisten in der Oberpfalz für dieses Thema gewinnen können.

Bis von Cham kamen die Teilnehmer am Mundart-Schreibabend der Volkshochschule Amberg-Sulzbach und erlebten nicht nur einen sehr informativen, sondern auch kurzweiligen Abend im Mehrzweckraum des Stadtmuseums Sulzbach-Rosenberg. Ob Gelegenheits-Mundartschreiber oder Hobby-Mundartdichter, ob Kirwaleut und Mundartliedsänger, das Publikum war breit gestreut. Evi Strehl hatte eine kleine Literaturschau vorbereitet, die neben Mundartbüchern aus sämtlichen Ecken der Oberpfalz auch die Verwandtschaft zum Egerland demonstrierte. Natürlich war auch aktuelle Mundartliteratur in Form von neu getexteten Kirwaliedern, Hochzeitszeitungen und persönlichen Mundartgedichten dabei, ebenso die Gedichte des berühmten Königsteiners Georg Weiß und natürlich Hanns Binders.

Dr. Scheuerer führte in seinem Vortrag kurz in die wissenschaftliche Mundartschreibweise ein und gab anschließend praktische Beispiele, wie man sich einfach und doch verständlich in der Mundart schriftlich ausdrücken kann.

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So schreiben, wie man es hört

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Als Grundsatz gelte, daß man schreibt, wie man es hört und spricht. Dem gesprochenen Wort nachlauschen ist die beste Lösung. Auch sollte man das Apostrophenunwesen vermeiden, da damit zu sehr an der Standardsprache gemessen wird. Überhaupt sollte der Mundartschreiber konsequent bleiben und sich Schreibregeln aufstellen, die der Leser als System auch erkennen kann. Natürlich können Mundartschreiber nicht alle Lautnuancen zum Ausdruck bringen. Von gerundeten und gerundeten vorderen Hochzungenvokalen bis zu Flachzungenvokalen zeigte der Referent ein anschauliches BiId der verschiedenen Lautfärbungen auf.

Was sich so wissenschaftlich anhört, wurde gleich wieder an praktischen Beispielen erklärt, so daß viele Aha-Effekte bei den eifrig mitarbeitenden Zuhörern auftraten. Daß die ou-Laute charakteristisch für die Oberpfalz sind, weiß fast jeder, ebenso, daß es eine Dialektgeographie und unterschiedliche Lautgrenzen gibt. Im Sulzbacher Raum befinden sich Mundartsprecher in einem so genannten Beharrungsgebiet, während in mittelbayrischen Gebieten eher ein Sprachwandel zu erkennen ist.

Es gibt ein "bayerisches Hochdeutsch", das verschriftlicht ist, nachzulesen z. B. bei Ludwig Thoma und Hans Rosendorfer. Diese Autoren, schreibend für den gesamtbayerischen Raum, beschränkten sich verständlich und konzentriert aufs notwendige Mundartwort. Deshalb ist die Wiedererkennbarkeit für den vom Standard geprägten Leser beim Dialektschreiben so wichtig.

Mundart sollte man laut lesen und auch öfter, dann wird der Sinn des Geschriebenen eher offenbar. Die Empfehlung des Referenten als Ergänzung zum Duden war Ludwig Zehetners Buch "Bairisches Deutsch". Auch das "Bairische Dialektbuch"von Zehetner ist ein guter Überblick zur Mundartgrammatik und zur Lautgeographie, wobei es nach wie vor keinen besseren Mundartspezialisten wie den "Schmeller" gibt.
In der anschließenden Diskussion wurde u. a. die Frage nach der Kleinschrift in der Mundart gestellt. Dies sei, so Dr. Scheuerer, natürlich möglich, da es ja keine feste Regelungen gibt. Es sollte dann aber auch vom Mundartschreiber konsequent klein geschrieben werden. Den Dialekt überhaupt pflegt man am Besten, wenn man ihn spricht und auch darüber redet. Er ist im Vergleich zur Schriftsprache ungemein farbiger, ausdrucksreicher und gehaltvoller. Kinder, die zweisprachig erzogen werden (im Dialekt und nach der Schrift) sind nachweislich ab der 5. Klasse in Fremdsprachen besser als ihre nur hochdeutsch sprechenden Kollegen.

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Die sprachverarmten Norddeutschen

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Die Norddeutschen empfinden es als großen Verlust, ihre Mundart verloren zu haben. Es gibt dort bereits Dialektkurse, weil nur noch 35% den einheimischen Dialekt verstehen und höchstens 20% Dialekt sprechen!

Evi Strehl dankte auch namens der begeisterten Zuhörer Dr. Scheuerer für den hervorragend aufgebauten Vortrag. Eifriges Fragen der Teilnehmer zeigte das große Interesse an diesem Thema.

Mundarttag 2000 in Königstein

Für den nächsten Landkreis-Mundarttag im März 2000 ist als Thema die Mundart im Laientheater oder das "Mundarttheater" vorgesehen. Als Veranstaltungsort wurde Königstein ausgewählt. Interessenten an diesem Thema können sich bereits jetzt bei Evi Strehl melden.


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